Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden , Datum: 01.07.2020, Format: Artikel , Imamausbildung

Einer der aktuellen Schwerpunkte der Deutschen Islam Konferenz (DIK) ist das Thema "Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden". Hierunter fällt insbesondere die Imamausbildung. Es handelt sich dabei nicht um ein neues Thema. Die DIK hat bereits 2009 Schlussfolgerungen zu Möglichkeiten und Zielen einer künftig in Deutschland verorteten Ausbildung von religiösem Personal islamischer Gemeinden sowie in diesem Zusammenhang zur Einrichtung islamisch-theologischer Angebote an staatlichen Hochschulen in Deutschland verabschiedet.

Imame in Deutschland (Stand 2012)

Nach der DIK-Studie "Islamisches Gemeindeleben in Deutschland" (2012) sind zwischen 1.700 und 2.500 islamische Religionsbedienstete in einer Moschee oder einer alevitischen Gemeinde in Deutschland tätig, darunter 60 alevitische Dedes. Dies deckt sich mit der in derselben Studie ermittelten Zahl von 1.179 islamischen Gemeinden mit einem Religionsbediensteten.

Für die Tätigkeit eines islamischen Religionsbediensteten, in der Regel Vorbeter (arab.: Imam) und Prediger (arab.: Khatib), existiert kein festes Berufsbild. Zu den klassischen Aufgaben zählen die Leitung der fünf Pflichtgebete, das Halten der Freitagspredigt und die religiöse Unterweisung von Kindern und Jugendlichen. Je nach Eignung und Qualifikation übernehmen Imame Verantwortung für die Öffentlichkeitsarbeit der Moscheegemeinden, agieren als Ansprechpartner für religiöse Fragen der Gemeindemitglieder und dienen als Ratgeber für persönliche Anliegen.

Weitergehende Informationen enthält die DIK-Studie "Islamisches Gemeindeleben in Deutschland".

In der Folgezeit wurden, gefördert von Bundesministerium für Bildung und Forschung, Institute für islamische Theologie an deutschen Hochschulen etabliert. Die DIK selbst veröffentlichte anschließend zunächst die DIK-Studie "Islamisches Gemeindeleben in Deutschland" einschließlich einer Teilstudie zu islamischen Religionsbediensteten (Imamen) und erarbeitete einen Leitfaden für die gesellschaftskundliche und sprachliche Fortbildung von Imamen auf kommunaler Ebene, auf dessen Grundlage anschließend zahlreiche Fortbildungen für Imame unter anderem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert wurden.

Aktuell erörtert die DIK nun die praktische Ausbildung religiösen Personals für die Gemeindearbeit. Diese Ausbildung ist natürlich eine Angelegenheit der islamischen Gemeinschaften. Dennoch besteht auch ein öffentliches, integrationspolitisches Interesse, hier voranzukom-men. Unter den Teilnehmenden der DIK besteht Übereinstimmung, dass die DIK kein einheitliches, zentrales Ausbildungsmodell anstreben soll oder kann. Eine solche Zielsetzung widerspräche nicht nur dem Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden, sondern entspräche auch nicht ihrer Diversität und ihren unterschiedlichen Bedürfnissen. Die Behandlung dieses Themas in der DIK soll daher zunächst dem Austausch zwischen den betroffenen Akteuren, aber auch der Versachlichung der öffentlichen Debatte dienen. Zudem soll die DIK einen Beitrag leisten, die nebeneinander bestehenden Modelle und die in diesem Bereich tätigen Akteure miteinander zu vernetzen und Initiativen zu befördern. Nicht zuletzt ist der Aspekt der staatlichen Anerkennung z.B. der Ausbildungsgänge ein Bestandteil der Erörterungen.

Im Rahmen von Treffen, z.B. Workshops und Runden Tischen, durch Besuche von Ausbildungseinrichtungen, aber auch mittels Gesprächen in Herkunftsländern von Muslimen in Deutschland bearbeitet die DIK das Thema der Ausbildung religiösen Personals praktisch. So wurden in ersten Schritten ein Bericht zu den bestehenden Ausbildungsangeboten erstellt und der weitere Bedarf erhoben.

Vertiefende Informationen

Vor dem Hintergrund der Gespräche in der DIK haben – zusätzlich zu den bestehenden Angeboten – auch neue Entwicklungen stattgefunden. So gründete sich im November 2019 das "Islamkolleg Deutschland e. V.". Islamische Theologen der Universität Osnabrück starteten damit gemeinsam mit Dachverbänden von Moscheegemeinden und weiteren beteiligten Muslimen ein Modellvorhaben zur Ausbildung religiösen Personals, das verbandsübergreifend sein und bundesweit ausstrahlen soll. Es umfasst insbesondere solche Dachverbände, die für die Entwicklung und Umsetzung einer eigenständigen Ausbildung nicht über eine ausreichende Größe oder die Mittel verfügen.

Eine weitere wichtige Entwicklung bislang war zudem der Start des Ausbildungsprogramms des größten islamischen Dachverbands Deutschlands, DITIB, für Imame und weiteres religiöses Personal islamischer Gemeinden in deutscher Sprache im Januar 2020. Damit wird eine Alternative zu der Entsendung von staatlichen Imamen aus der Türkei geschaffen. BMI-Staatssekretär Kerber, der im Rahmen der DIK hierzu Gespräche in Ankara, dem Sitz der türkischen Religionsbehörde, und Köln, dem Sitz von DITIB, geführt hatte, nahm an der Eröffnung teil.

Ergänzend und im Umfeld zum Dialog in der DIK finden weitere Veranstaltungen zum gegenseitigen Austausch statt. So führte die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft im Oktober 2019 einen ersten aus Mitteln des Auswärtigen Amts (AA) geförderten Workshop zur Imamausbildung in Europa und Nordamerika durch. Ebenfalls beschäftigte sich der Koordinationsrat der Muslime im November 2019 im Rahmen einer Fachtagung mit dem Thema Imamausbildung in Deutschland.

Die DIK hat damit schon jetzt einen Prozess angestoßen und begleitet, der die Etablierung einer in Deutschland verankerten Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden maßgeblich befördert im Sinne eines Islams der Muslime in Deutschland, der deutschen Muslime.