Themenschwerpunkte ,
Die Grundlagenphase der DIK (16. bis 18. Legislaturperiode) umfasste die Formulierung zahlreicher Empfehlungen und gemeinsamer Erklärungen in zentralen religionspolitischen Angelegenheiten (u.a. Seelsorge und Wohlfahrtspflege, islamischer Religionsunterricht, islamische Theologie). Diese Arbeit erfolgte weitgehend in festen Gremien und Arbeitsgruppen mit ständigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Sie diente im Kern der Erarbeitung und Dokumentation eines gemeinsamen Rechts- und Wertefundaments sowie der Konkretisierung von Bedingungen und Voraussetzungen der religionsrechtlichen Integration des Islam in Deutschland. Darauf aufbauend widmete sich die DIK während der 19. Legislaturperiode konkreten und praxisrelevanten Vorhaben. Sie tat dies im Unterschied zu den vorangegangenen DIK-Abschnitten in einer flexiblen Struktur, wechselnden Formaten und den jeweiligen Themenfeldern entsprechenden Zusammensetzungen ("Umsetzungsphase").
In der aktuellen 20. Legislaturperiode baut die DIK auf dieses Gesamtfundament auf. Sie führt dabei die flexible, offene Arbeitsweise und die Einbindung eines breiten, vielfältigen Teilnehmerfelds aus der vorangegangenen DIK-Phase fort. Inhaltlich knüpft die DIK an Impulse und Fortschritte an, die es in unterschiedlichen Themenfeldern in der vergangenen Legislaturperiode gegeben hat.
Ausgehend von diesen Impulsen und Fortschritten, aber auch dem Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode folgend sowie als Ergebnis eines breit angelegten Beteiligungs- und Konsultationsprozesses im Jahr 2022 widmet sich die aktuelle DIK folgenden Schwerpunktthemen:
- Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Verhinderung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit mit einem Schwerpunkt auf Prävention und Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit u.a. auf Basis des Berichts des "Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM)" sowie auf der Prävention von Antisemitismus.
- Verbesserung der Teilhabe der Muslime und der muslimischen Gemeinden in ihren kommunalen Umfeldern, u.a. mit der Weiterentwicklung des Förderansatzes "Moscheen für Integration (MfI)" und der Verstetigung eines kommunalen Fachaustausches zu islambezogenen Fragestellungen.
- Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden, insb. Stärkung und Ausweitung der Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland inkl. schrittweiser Beendigung der Imam-Entsendung aus dem Ausland.
- Weitere Begleitung bzw. Bestandsaufnahmen hinsichtlich früherer DIK-Impulse insbesondere im Bereich Seelsorge.
1. Prävention und Bekämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit und antimuslimischem Rassismus
Musliminnen und Muslime erfahren Anfeindungen, Geringschätzung und Ablehnung oftmals doppelt: als Angehörige der islamischen Religion und auch als Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Das Bundesinnenministerium steht für den Kampf gegen jede Form von Rassismus, Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit – explizit auch gegen Muslimfeindlichkeit. Die DIK ist das klare Zeichen an alle, die das nicht hören oder akzeptieren wollen: Die Musliminnen und Muslime in Deutschland und ihre Religion sind ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft – der Staat nimmt sich ihrer Anliegen an.
Als Reaktion auf muslimfeindliche Bedrohungen und rassistische Anschläge wurde im Herbst 2020 der "Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM)" eingerichtet. In ihm analysierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis aktuelle Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit – auch mit Blick auf Schnittmengen mit antisemitischen Haltungen und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Nachdem der UEM seinen Abschlussbericht vorgelegt hatte, wurden die erarbeiteten Handlungsempfehlungen im Rahmen der DIK diskutiert und auf dieser Basis praktische Vorhaben zur Prävention von Muslimfeindlichkeit begonnen. So stärkt die DIK-Projektförderung z.B. das Community-basierte Monitoring muslimfeindlicher Vorfälle und die Sensibilisierung von Lehrkräften an Schulen.
Bekämpfung von Antisemitismus
Die Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus ist seit 2011 Thema der DIK und wurde erneut seit 2019 in den Fokus genommen. Dabei geht es vorwiegend um die Stärkung muslimischer Akteure im Kampf gegen Antisemitismus sowie um die Stärkung des jüdisch-muslimischen Dialogs. Mit Workshops, Fachveranstaltungen oder Konferenzen bietet die DIK einen entsprechenden Rahmen. Weiterhin werden Projekte im Themenfeld gefördert.
2. Verbesserung der Teilhabe von Muslimen und muslimischen Gemeinden in Kommunen
Musliminnen und Muslime sind heute ein selbstverständlicher Teil unseres Landes. Zugleich gilt es, auch im Rahmen der DIK die Bedingungen für ihre gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern. Muslimisches Engagement für unsere Gesellschaft ist anerkennenswert und soll sichtbarer werden. Viele islamische Gemeinden engagieren sich in ihren Nachbarschaften und sind als zivilgesellschaftliche Akteure in Kommunen anerkannt. Andere, insbesondere jüngere Moscheegemeinden, werden im Rahmen der DIK dabei unterstützt, sich in die Kommunen hinein zu öffnen, ihre Angebote zu professionalisieren, sich mit ihren Einrichtungen in ihren jeweiligen Umfeldern besser zu vernetzen und das gesellschaftliche Leben vor Ort aktiv mitzugestalten.
Dem diente zum einen das von 2019 bis 2023 umgesetzte Fördervorhaben "Moscheen für Integration (MfI)", mit dem die DIK dazu beiträgt, dass Moscheegemeinden in ihren nicht-muslimischen Umfeldern als selbstverständliche Teile der Nachbarschaften sichtbarer und als gesellschaftliche Akteure anerkannt werden. Dieser Förderansatz wurde evaluiert und soll fortentwickelt werden. Das Modellprojekt wurde zudem um einen institutionalisierten Erfahrungsaustausch zwischen Kommunen ergänzt. Dieser soll es Kreis- und Gemeindeverwaltungen ermöglichen, Wissen und Erfahrungen im Zusammenspiel mit Moscheegemeinden untereinander zu teilen, sich zu islambezogenen Fragestellungen zu informieren und fortzubilden sowie gemeinsam neue Impulse zu setzen.
3. Imam-Ausbildung in Deutschland
Die DIK hat mit ihrer Arbeit in früheren Abschnitten entscheidend dazu beigetragen, dass an deutschen Hochschulen Lehrstühle für islamische Theologie entstanden sind. Damit ist eine wichtige Voraussetzung für die auch praktische Ausbildung von Imamen und weiterem religiösen Personal islamischer Gemeinden in Deutschland gegeben. Natürlich ist und bleibt die Ausbildung ihres Personals eine Angelegenheit der religiösen Gemeinschaften selbst. Zugleich ist es integrationspolitisch wichtig, dass mehr in Deutschland sozialisierte und in deutscher Sprache ausgebildete Imame in islamischen Gemeinden tätig werden.
Insofern ist es zu begrüßen, dass einige – insbesondere große – Dachverbände von Moscheegemeinden ihr Personal selbst ausbilden bzw. damit begonnen haben. Die DIK hat die darauf gerichtete Entwicklung u.a. mit der Förderung des 2019 in Osnabrück gegründeten "Islamkolleg Deutschland e.V. (IKD)" flankiert, das in der Aus- und Fortbildung von Imamen, Gemeindepersonal und Seelsorgerinnen und Seelsorgern tätig ist. Ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang ist das Programm "Islam in der Sozialarbeit" der Universität Münster, das im Rahmen der DIK kofinanziert wird. Die DIK gibt damit wichtige Impulse für die Stärkung und Ausweitung der Imam-Ausbildung in Deutschland – und sie lässt dabei die verfassungsrechtlich gebotene Selbstbestimmung der religiösen Gemeinschaften in diesem Bereich unberührt.
Ein zweites, korrespondierendes Handlungsfeld in diesem Bereich ist die schrittweise Beendigung der Entsendung von staatlich bediensteten Imamen aus dem Ausland nach Deutschland – ein Thema, das insbesondere die Türkei betrifft. Im Rahmen der DIK läuft hierzu ein intensiver Dialog mit den zuständigen Stellen in der Türkei – insbesondere der türkischen Religionsbehörde Diyanet.
4. Islamische Seelsorge in öffentlichen Einrichtungen
Bereits in ihren früheren Abschnitten hat die DIK zentrale Impulse für die Einrichtung bzw. den Ausbau von islamischer Seelsorge in öffentlichen Einrichtungen, u.a. in Gefängnissen und in der Bundeswehr, gegeben. Die konkrete Umsetzung der DIK-Empfehlungen liegt hier zwar bei den Ländern (Gefängnisseelsorge) bzw. dem Bundesverteidigungsministerium (Militärseelsorge) – aber das BMI verfolgt mit und in der DIK in dieser Legislaturperiode explizit das Ziel, zusammen mit den primär Verantwortlichen die Wege hin zu einem erstmaligen Angebot (Militärseelsorge) bzw. zum Ausbau und zur Stärkung bestehender Strukturen (Gefängnisseelsorge) weiterzugehen und die Verwirklichung von in der DIK formulierten Zielen spürbar voranzubringen.