Islamische Gemeinden im Saarland: Mehr Sichtbarkeit durch mehr Austausch ,
Quelle: © Stop press & public/Helmut Stapel
Mit gemeinsamen Aktionen und professionalisierten Abläufen haben sich islamische Gemeinden im Raum Saarbrücken im Rahmen des Teilprojektes "FIT – Förderung islamischer Teilhabe" intensiv vernetzt. Übergreifende Weiterbildungsangebote und eine verbesserte Kommunikation mit den Behörden gehören zu den Ergebnissen.
In der Luft liegt eine Atmosphäre von freudiger Erwartung und auch ein bisschen Nervosität. Der Versammlungsraum einer großen islamischen Gemeinde hat sich vorübergehend in ein Computer-Schulungszentrum verwandelt. Hacer Baspinar und Serife Güzel sitzen vor einem aufgeklappten Laptop. Das Ziel: Die Frauen der Gemeinde sollen den Umgang mit dem Computer lernen, damit sie im Alltag selbstständiger werden und Dinge wie Behördenanschreiben oder Anträge selbst ausführen können. Serife Güzel hat sich als eine der ersten Frauen für den Kurs, den Hacer Baspinar durchführt, angemeldet.
Es handelt sich dabei um eine Initiative innerhalb des Teilprojektes "FIT – Förderung Islamischer Teilhabe". Dieses wurde von der Otto Benecke Stiftung e.V. als Teil des Förderansatz "Moscheen für Integration" im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz (DIK) umgesetzt.
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Die Projektförderung lief über vier Jahre bis Ende 2023. Ein Ziel des Teilprojektes FIT war unter anderem die Förderung und Sichtbarmachung des ehrenamtlichen, zivilgesellschaftlichen Engagements in den Gemeinden.
Maßnahmen wie die Computerschulung wirken dabei als Brückenfunktion zwischen der Glaubensgemeinde, der Gesellschaft und den Kommunen. "Wir nutzen diese Möglichkeit, um uns mit internem Wissen und Einsatz für den Austausch mit der Gesellschaft und der Kommune besser aufzustellen"
, sagt Hacer Baspinar.
Sie führt als Mitglied der Frauengruppe und langjährige hauptberufliche Bürofachkraft die Computer-Schulung durch. Die Nachfrage ist groß. Mehr als 20 Frauen qualifizierten sich bisher über den Computerkurs. "Es können auch Frauen aus anderen Gemeinden teilnehmen. Wir sind da bereits im Austausch"
, betont Hacer Baspinar.
Gemeinsame Aktionen verbessern die Zusammenarbeit
Zu den Partnern dieses wachsenden Austausches gehört beispielsweise die nahegelegene Bosnische Gemeinde. Nadira Ulič ist so etwas wie die gute Seele und treibende Kraft dort. "Zusammen mit anderen Gemeinden haben wir bereits zweimal im Rahmen des Teilprojekts ein Frauenfest organisiert. Im vergangenen Jahr waren mehr als 400 Leute da – auch aus der Stadtverwaltung und der Politik. Sogar Bettina Altesleben, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit, ist gekommen"
, erzählt sie. Als Ergebnis des direkten Kennenlernens und Diskutierens laufe die Zusammenarbeit mit den Behörden nun wesentlich besser. "Wir kennen uns jetzt, sprechen über gemeinsame Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe"
, so Nadira Ulič.
Effektivere Gespräche dank Projektteilnahme
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Diese Erfahrung hat auch Halil Urhan gemacht. Er ist der Vorsitzende des Landesverbandes Saarland der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ). "Angeregt durch das Teilprojekt FIT und dem damit verbundenen stärkeren Austausch mit den Kommunen, haben wir unsere eigene Struktur auf den Prüfstand gestellt"
, sagt er. "Wir arbeiten zwar seit vielen Jahren mit den Behörden zusammen, aber die Frage war, ob wir da noch etwas verbessern können."
Die Antwort fand sich unter anderem in der Struktur der gegenseitigen Treffen.
Während die behördlich organisierten Zusammenkünfte eher formell waren, wurden Gesprächsgäste beim VIKZ traditionell empfangen und beim persönlichen Gespräch mit Essen und Trinken bewirtet. "Was fehlte, war eine konkrete Agenda"
, stellt Halil Urhan fest. "Wir präsentieren jetzt bei offiziellen Treffen in unserem Haus immer unsere Religionsgemeinschaft, aktuelle Projekte und formulieren konkret unsere Ziele."
So sei der Austausch mit lokalen Institutionen innerhalb kurzer Zeit wesentlich intensiver geworden. Die Zahl der Treffen habe sich erhöht und auch das Niveau des gegenseitigen Austausches.
Zusammenarbeit mit Bildungsministerium und Landesverbänden
"Moscheen für Integration – Öffnung, Vernetzung, Kooperation"
Der Förderansatz "Moscheen für Integration – Öffnung, Vernetzung, Kooperation" (MfI) unterstützte von 2019 bis 2023 muslimische und alevitische Gemeinden in Deutschland im Rahmen der Projektförderung der Deutschen Islam Konferenz. Die ausgewiesenen Ziele von MfI waren vor allem die Stärkung der Gemeinden als zivilgesellschaftliche Akteure sowie der Ausbau und die Verstetigung ihrer Vernetzung vor Ort. Der Förderansatz wurde durch vier Teilprojekte umgesetzt, die bei folgenden Trägern angesiedelt waren: dem Goethe-Institut e.V., der Otto Benecke Stiftung e.V., der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung GmbH und dem Paritätischen Gesamtverband.
Gleichzeitig sind durch die intensivere Vernetzung mit anderen Gemeinden im Rahmen des FIT-Teilprojektes auch neue Ideen entstanden – wie die religionsübergreifende Zusammenarbeit mit Christen und Juden. "Ausgelöst durch die neue Struktur denken wir jetzt in größeren Maßstäben. Wir setzen uns nun öfter mit den Landesverbänden verschiedener Religionen und Gemeinden zusammen, um mehr zu erreichen"
, erzählt Halil Urhan begeistert. "Ein Ergebnis ist, dass wir zusammen mit der örtlichen jüdischen Gemeinde in die Schulen gehen wollen, um religiöse Aspekte gleichzeitig von einem Rabbiner und einem Imam schildern zu lassen."
Die entsprechenden Absprachen mit dem Bildungsministerium sind in Vorbereitung.
"Ich habe gerade vor zwei Stunden noch mit der Staatskanzlei wegen einer anderen Angelegenheit telefoniert. Das Miteinander ist durch die neue Vielfalt unserer Aktivtäten selbstverständlicher geworden"
, so Halil Urhan. Wichtig sei, dass man alles mit dem Herzen mache. "Immerhin arbeiten bei uns nur Ehrenamtliche, die viel Zeit und Energie für die Zusammenarbeit mit den Behörden und damit das Funktionieren unserer Gesellschaft einsetzen. Durch das Teilprojekt FIT ist das noch intensiver und zielführender geworden."