"Ohne das Projekt Muslimisch.Sozial.Engagiert wären unsere Hilfsangebote nicht möglich" , Datum: 19.09.2024, Format: Meldung, Bereich: Im Dialog

Sie geben Wohnungslosen ein Frühstück aus, gründen Frauennetzwerke und fördern die politische Bildung ihrer Mitglieder. Vier islamische Dachverbände in Deutschland sind Teil des Projekts Muslimisch.Sozial.Engagiert und haben mit dessen Hilfe seit 2022 viele Miniprojekte zum Wohl ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger auf die Beine gestellt.

Samee Ullah und Amir Mahmood Ahmed sind Profis im Präsentieren – und ein eingespieltes Team als Mitarbeiter des islamischen Dachverbands Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR. Das wird den Zuhörenden schnell klar, die an diesem Dienstagvormittag dem "BestPractice"-Vortrag der beiden lauschen.

Eine Frau unterhält sich mit zwei Männern Die Pausen zwischen den Programmpunkten des Tages boten Zeit zum gemeinsamen Austausch, wie hier zwischen Melanie Albrecht, Mitarbeiterin des BAMF, und den Vertretern der AMJ, Amir Mahmood Ahmed (Mitte) und Samee Ullah. Quelle: © Andrea Beck

Hier, im dritten Stock des Münchner Goethe-Instituts, sitzen die Mitarbeitenden von vier islamischen Dachverbänden zusammen, deren soziale Aktivitäten seit 2022 durch das Projekt Muslimisch.Sozial.Engagiert (MSE) gefördert werden. Denn die Verbände tragen mit ihren Hilfsangeboten, Veranstaltungen, Weiterbildungsangeboten und vielem mehr zum Erhalt des gesellschaftlichen Zusammenhalts bei. MSE unterstützt dieses Engagement. Das Goethe-Institut ist der Träger des Projekts, das vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz gefördert wird.

Die insgesamt zehn Vertreterinnen und Vertreter des Liberal-Islamischer Bunds e.V. (LIB), der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland e.V. (IGBD), der Union der Islamisch-Albanischen Zentren in Deutschland e.V. (UIAZD) und der Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR (AMJ) planen heute auf ihrem Workshop in München, wie sie MSE der Öffentlichkeit vorstellen wollen, etwa in Form einer Broschüre. Und sie stellen sich gegenseitig ihre Miniprojekte vor, die sie mit Hilfe von MSE umgesetzt haben – ihre "Best-Practice-Beispiele". Seit dem Projektstart im Jahr 2022 wurden bisher insgesamt 241 Miniprojekte der Verbändedurch MSE gefördert.

Soziale Küche, politische Bildung und ein E-Scooter

Als die Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR an der Reihe ist, übernehmen Samee Ullah und Amir Mahmood Ahmed abwechselnd das Wort und geben einen Überblick über die rund 70 Miniprojekte, die ihr Verband seit 2022 durch MSE auf die Beine gestellt hat. Deren Umsetzung liegt in der Hand des Vereins An-Nusrat e.V., den die AMJ gegründet hat, um Menschen zu helfen. " 'Ei und Chai' ist eines unserer Hilfsprojekte gegen Armut. Ehrenamtliche Mitarbeitende des Vereins in Berlin ziehen frühmorgens los und bieten Wohnungslosen ein warmes Frühstück an. Deren Dankbarkeit motiviert unsere Helferinnen und Helfer weiterzumachen", sagt Samee Ullah.

Nachbarschaftshilfe, Soziale Küche, Kinder- und Jugendarbeit und politische Bildung seien vier der wichtigsten Themen für die AMJ. Der Verband leiste mit Hilfe von MSE Aufklärungsarbeit gegen Antisemitismus – etwa durch ihr Angebot von Gruppenausflügen in das Jüdische Museum in Frankfurt am Main – und hat das Ziel, ein bundesweit anerkannter Träger für politische Bildung zu werden.

Laut Amir Mahmood Ahmed übernehmen die regionalen Niederlassungen des Verbands inzwischen in ganz Deutschland Aktivitäten, die mit Unterstützung von MSE am Hauptsitz Frankfurt am Main oder an größeren Standorten wie Berlin zum ersten Mal umgesetzt wurden. "Die Frankfurter Nachbarschaftshilfe setzt einen E-Scooter ein, um zum Beispiel schneller bei Hilfesuchenden zu sein, die seelsorgerische Unterstützung wünschen. Das Konzept hat sich bewährt und unsere Nürnberger Kolleginnen und Kollegen werden sich ebenfalls um einen Vereins-E-Scooter bemühen", sagt Amir Mahmood Ahmed.

Die Erfolge von MSE sollen sichtbar gemacht werden

Um die Miniprojekt-Ideen umzusetzen, die bei allen vier Verbänden zu großen Teilen in den Reihen der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer entstehen, müssen diese erfolgreich Förderanträge stellen. Dafür wurden Projektstellen in den Verbänden geschaffen. MSE unterstützt somit auch den Aufbau neuer Verbandstrukturen und ist eine Weiterbildungsmaßnahme für Verbandsmitglieder, die zuvor in Bezug auf bürokratische Abläufe und die nötigen Schritte bis zur Fördermittelbewilligung noch unerfahren waren.

Die Miniprojekt-Beispiele der Verbandsvertreterinnen und -vertreter zeigen die Vielzahl der Bereiche, in denen die Fördermittel von MSE eingesetzt werden. Während der Liberal-Islamische Bund e.V. mit Hilfe von MSE in die digitale Kommunikation seiner Mitglieder und die öffentliche Sichtbarkeit des Verbands in Form einer App investiert hat, ist die Union der Islamisch-Albanischen Zentren in Deutschland e.V. dabei, neue Verbandsstrukturen in Bayern und Hessen aufzubauen und die Arbeit der Landesverbände und der einzelnen Gemeinden zu professionalisieren. Anschließend werde die UIAZD e.V. an ihren neuen Standorten ebenfalls Miniprojekte umsetzen. Der LIB und die UIAZD erreichen mit ihrem Engagement Zielgruppen, die sich in der sonstigen islamischen Verbandslandschaft oft nicht zugehörig fühlen – die queere muslimische Community und die albanisch-muslimische Community. Mit mehr digitaler Präsenz und ihrem regionalen Ausbau erreichen beide Verbände neue Mitglieder und stärken deren soziale Teilhabe.

Die verbandsübergreifenden Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen von MSE fördern die Weiterentwicklung der Verbände zu bestimmten Themen, und ihre Vorbereitung im kleinen Kreis bietet – wie an diesem Dienstag zum Thema "Außendarstellung und Netzwerkarbeit" – den Anlass zum persönlichen Treffen der Verbandsvertreterinnen und -vertreter. Der Plan ist es, das Projekt MSE mittels eines gemeinsamen Produkts für die Öffentlichkeitsarbeit sichtbar zumachen. Unter der Leitung von Sophia Lehmann vom Goethe-Institut besprechen die Teilnehmenden des Workshops, wie dieses Produkt – zum Beispiel eine Broschüre – aussehen soll und wie viele Bilder und Textzeilen jeder Verband zur Verfügung hat. Nach dieser Vorbereitung liegt die Umsetzung der Broschüre in den kommenden Wochen in der Hand der Mitarbeitenden der einzelnen Verbände.

Das Goethe-Institut sieht Fortschritte seit Beginn von MSE

Während der Debatten rund um die Broschüre und den Fragerunden nach den "Best-Practice"-Vorträgen kommt es zu regen Diskussionen zwischen den Teilnehmenden. Die Anwesenden nutzen die Gelegenheit durch den Workshop einen Einblick in die Organisation und die Strukturen der jeweils anderen Verbände zu erhalten und stellen sich gegenseitig Fragen zum Einsatz von digitalen Kommunikationsprogrammen und zur Umsetzung einzelner Miniprojekte. Die MSE-Workshops werden so gleichzeitig zu verbandsübergreifenden Lernstätten für die Mitarbeitenden.

Laut Sophia Lehmann war und ist der unterschiedliche Grad an professioneller Verbandsarbeit die größte Herausforderung für den Träger Goethe-Institut im Projekt MSE. Während ein Teil der Verbände beispielsweise bereits Erfahrungen mit dem Umgang mit Fördermitteln gemacht habe, seien die anderen bei diesem Thema noch am Anfang gestanden. "Hier sind aber Fortschritte seit Beginn des Projekts zu erkennen", sagt Sophia Lehmann.

"Wir sind dankbar für die Unterstützung"

Adela Kazija ist für die Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland e.V. nach München gekommen. Die studierte Islamwissenschaftlerin ist in Bosnien Herzegowina in einer sozial engagierten Familie aufgewachsen und kam 2011 nach Deutschland. In der IGBD mit Sitz in Wiesbaden hat sie Projekte mitorganisiert, die ohne MSE nicht möglich gewesen wären – wie die Gründung eines deutschlandweiten Frauen- und eines Jugendnetzwerkes für alle Gemeinden des Verbands.

"Es ist sehr befriedigend zu sehen, welche positiven Veränderungen MSE bei uns bewirkt", sagt die 44-Jährige im persönlichen Gespräch und fügt hinzu: "Ein besonders schöner Moment war der Workshop für Frauen, bei dem die Teilnehmerinnen gemeinsam Lösungen für ihre Herausforderungen entwickelt haben. Das Ziel war, dass sie im Alltag selbstbestimmter handeln, und das haben wir angestoßen. Solche Momente bestärken mich in dem Gefühl, in der IGBD etwas Sinnvolles zu tun, und wir sind alle dankbar für die Unterstützung."

"Muslimisch.Sozial.Engagiert" (MSE)

"Muslimisch.Sozial.Engagiert" (MSE) ist ein Projekt in Trägerschaft des Goethe-Instituts, an dem vier islamischen Dachverbände teilnehmen: AMJ KdöR, LIB e.V., IGBD e.V. und UIAZD e.V. Die Verbände, die sich unter anderem durch Nachbarschaftshilfen und Bildungsveranstaltungen für das Gelingen von Vielfalt und den Erhalt des gesellschaftlichen Zusammenhalts einsetzen, sollen darin weiter bestärkt werden. Außerdem zählen die Umsetzung von Qualifizierungsmaßnahmen und die Professionalisierung der Verbandsarbeit zu den Zielen von MSE. Das Projekt existiert seit 2022 und wird vom Bundesministerium des Innern und für Heimat im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz gefördert.