Das war der Auftakt zur Deutschen Islam Konferenz , Datum: 03.12.2018, Format: Meldung, Bereich: Im Dialog

Intensive Debatten - kontrovers und konstruktiv

Zwei Tage mit intensiven und auch kontroversen Diskussionen, aber ebenso mit gewinnbringenden Gesprächen am Rande liegen hinter den über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Berliner Auftaktveranstaltung zur Deutschen Islam Konferenz (DIK) in der aktuellen Legislaturperiode. Geladen waren Repräsentanten eines breiten Spektrums muslimischer Zivilgesellschaft in Deutschland: Dachverbände von islamischen Gemeinden, muslimische Organisationen, die keinem Dachverband angehören, Initiativen sowie Wissenschaftler und Publizisten. Hinzu kamen Vertreterinnen und Vertreter der christlichen Kirchen und des Zentralrats der Juden, der Bundesressorts, der Bundesländer und der Kommunen sowie der Wissenschaft und der Publizistik.

Einer Grundsatzrede des Bundesinnenministers Horst Seehofer am ersten Tag folgten insgesamt vier Podiumsdiskussionen, die jeweils mit kurzen Vorträgen eröffnet wurden und in denen auch Stimmen und Fragen aus dem Publikum Gehör fanden. Unter der Überschrift "Muslime in Deutschland – deutsche Muslime" ging es in einer ersten Gesprächsrunde um grundsätzliche Aspekte und Herausforderungen beim Engagement für ein gelingendes Miteinander von Muslimen untereinander und zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen. Die drei folgenden Diskussionen widmeten sich integrationspolitischen, religionspolitischen und gesellschaftspolitischen Schwerpunkten. Wie der Gesamtprozess im Rahmen der nun neu gestarteten DIK, so legte auch der Auftakt das Augenmerk bewusst und gezielt auf die alltäglichen und praktischen Erfahrungen, Fragen, Chancen und Probleme beim Zusammenleben.

Fokus auf praktischen Aspekten

Gefragt und diskutiert wurde, wer die Träger und Förderer einer in der Nachbarschaft und in täglicher Begegnung gelebten Integration sein können und sollen - und welche Rolle dabei den Moscheegemeinden, ihren Aktivitäten und Angeboten sowie ihrem Umfeld zukommt. Ein anderes Podium widmete sich der Erörterung von Mitteln und Wegen, mit und auf denen die Imam-Ausbildung in Deutschland verbessert, gestärkt und im Hinblick auf den praktisch-didaktischen Teil überhaupt erst ins Werk gesetzt werden kann. Die Diskussion am zweiten Tag wurde dann wieder grundsätzlicher, behielt jedoch den Fokus auf konkrete, praktische, lebensweltliche Fragen und Herausforderungen bei: Was kann, soll, muss deutsche Muslime und Muslime in Deutschland ausmachen? Wie unterschiedlich oder einheitlich kann ein Islam in, aus und für Deutschland, ein in Deutschland beheimateter Islam sein? Ist die Vielfalt der Interessenvertretungen und Organisationen von Muslimen Segen oder Fluch - und wie weit kann oder soll man diese Vielfalt überwinden oder bewahren?

Die DIK: ein anerkanntes, bewährtes und notwendiges Forum

Die zwei Tage des Auftakts zur aktuellen DIK in Berlin zeigen: Die DIK bewährt sich als Plattform für den Dialog zwischen Staat und Muslimen, mehr noch und zunehmend aber als Forum für die innermuslimische Verständigung. Nach zwölf Jahren Deutscher Islam Konferenz mit variierenden Strukturen, Arbeitsweisen und Teilnehmerfeldern sowie praktischen Erfolgen zum Beispiel bei islamischem Religionsunterricht, islamischer Theologie und Wohlfahrtspflege von und für Muslime wendet sie sich nun Fragen der Identitätsfindung zu und stellt ein Forum für die notwendige Debatte innerhalb der vielfältigen muslimischen Community in Deutschland dar. Der Staat kann und soll hier den Rahmen bieten, eine Plattform schaffen, eine Bühne bauen. Und er kann und soll den Dialog fördernd begleiten, muslimischen Stimmen und Initiativen dabei helfen, sich einzubringen und Gehör zu verschaffen, Raum geben, damit Beispiele für ein gelingendes Miteinander Schule machen können - aber er darf und wird in diesem Prozess, der auf der Grundlage unseres Wertefundaments und im Rahmen unserer Verfassungsordnung stattfindet, keine Vorgaben machen und Ergebnisse definieren.

Ausblick

Es ist diese Philosophie, mit der die Deutsche Islam Konferenz jetzt in die praktische und operative, auf den Alltag gerichtete Phase geht: konzentriert auf die Integration vor Ort, den Dialog und die Förderung dorthin tragend, wo der Austausch Tag für Tag stattfindet – wo es ein im besten Wortsinn normales, beispielgebendes Miteinander gibt, aber eben in vielen Fällen auch und wieder neu Fremdheit, Misstrauen und Ablehnung.

Dabei sollen zum einen im Rahmen eines neuen Förderprogramms "Moscheen für Integration" ab 2019 zusätzliche Mittel in eine ausgeweitete, deutlich basisnähere Projektförderung fließen. Das sich noch in der Konzeption befindende Programm soll die Öffnung, Vernetzung und Kooperation von islamischen Gemeinden und Vereinen auf kommunaler Ebene praktisch befördern. Und es soll dabei helfen, ihre Angebote, ihre Beratung und ihre Aktivitäten für ihre Mitglieder und in ihrem Umfeld auszubauen und zu professionalisieren. Es geht darum, diejenigen Kräfte zu stärken, die sich aktiv für Muslime einsetzen und dabei helfen, in Deutschland eine Heimat zu finden. Der Auftakt zur Deutschen Islam Konferenz hat es noch einmal verdeutlicht: Es sind diese vielfältigen Motoren der Integration und Partizipation in den Kommunen und den Nachbarschaften, diese Kräfte an der Schnittstelle von muslimischem und nicht-muslimischem Leben, die vermehrt und besonders der Unterstützung bei ihrem Tun bedürfen.

Ein zweiter Bereich, in dem im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz die Arbeit nun schwerpunktmäßig fortgesetzt wird, ist die Unterstützung der Muslime bei der Beantwortung der Frage, was die Mitglieder und Besucher muslimischer Gemeinden von ihrem Religionspersonal erwarten. Dabei wird eine Rolle spielen, wie zum Beispiel diejenigen, die islamische Theologie an deutschen Hochschulinstituten studiert haben, auch so praktisch ausgebildet und didaktisch geschult werden können, dass sie in den Gemeinden als Imame tätig werden können. Dazu gehört, auf der Grundlage vorliegender Forschungsergebnisse wie auch neu zu erstellender Expertisen zu erörtern, was die Mitglieder und Besucher muslimischer Gemeinden von ihrem Religionspersonal erwarten oder welche Angebote abseits des Theologischen von und in Moscheegemeinden gefragt und erwünscht sind. Auch hier gilt: Über die Deutsche Islam Konferenz fördert der Staat vor allem den Austausch zwischen den beteiligten Akteuren. Die Islamkonferenz wird dazu beitragen, dieses Themenfeld zu strukturieren und, falls Bedarf besteht, Möglichkeiten der Kooperation zu erörtern.

Wie diese Impulse aus dem Auftakt aufgenommen und in konkrete Aktivitäten einfließen werden, welche anlassbezogenen, sich speziellen Facetten der Integration widmenden Dialogformate es neben der intensiven Projektförderarbeit geben wird, und wie die begleitende Forschung zu muslimischem Leben in Deutschland aussehen wird - all dies wird jetzt und in den kommenden Monaten konkreter geplant und konzipiert.