"Motor der Diskussion über islampolitische Anliegen" , , Deutsche Islam Konferenz mit Auftaktveranstaltung gestartet
"Miteinander reden, statt übereinander."
Die Deutsche Islam Konferenz (DIK) ist am 7. Dezember auch "offiziell" in eine neue Phase gestartet. Bundesinnenministerin Nancy Faeser eröffnete die Auftaktveranstaltung im Bundesinnenministerium in Berlin. Rund 160 Vertreterinnen und Vertreter des vielfältigen muslimischen Lebens in Deutschland sowie aus Bundesressorts, Ländern, Kommunen und Kirchen, des jüdischen Lebens, der Wissenschaft sowie weiteren gesellschaftlichen Bereichen folgten der Einladung.
"Die DIK ist das zentrale Forum für den Dialog und die Kooperation zwischen dem Staat und den Musliminnen und Muslimen in Deutschland"
, stellte die Ministerin die Bedeutung der Konferenz heraus. Es gebe ein starkes Fundament. Die Islamkonferenz habe bereits in den vergangenen Legislaturperioden "ganz entschieden zur gesellschaftlichen Teilhabe von Musliminnen und Muslimen beigetragen"
– etwa mit der Einführung islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen, mit der Etablierung islamischer Theologie an Universitäten oder mit der wachsenden Beteiligung von Musliminnen und Muslimen an gesellschaftlichen Debatten.
Teilhabe und Integration der Muslime voranbringen
Folgende Themen benannte die Innenministerin als Schwerpunkte der aktuellen DIK: die Prävention und Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit, die weitere Verbesserung der Teilhabe von Musliminnen und Muslimen sowie der muslimischen Gemeinden, die Stärkung der Imam-Ausbildung in Deutschland bei gleichzeitigem Einstieg in den Ausstieg aus der Imam-Entsendung aus dem Ausland sowie den Ausbau seelsorgerischer Betreuungsangebote für Muslime u.a. in der Bundeswehr.
Quelle: Henning Schacht
Die DIK solle, so die Ministerin, die "Vielfalt des muslimischen Lebens abbilden, frische inhaltliche Anstöße geben, Motor der Diskussion über islampolitische Anliegen sein und den innermuslimischen Dialog fördern"
. Daneben hob sie hervor: "Die Musliminnen und Muslime in Deutschland und ihre Religion sind selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft – der Staat nimmt sich ihrer Anliegen an!"
Ihr Wunsch sei es, so Faeser, dass muslimisches Engagement "sichtbarer" gemacht und islamische Gemeinden "noch besser in der Gesellschaft" verankert werden. Zugleich müsse es aber auch möglich sein, kritisch über Themen wie Antisemitismus unter Muslimen und allgemein Intoleranz von Muslimen gegenüber anderen gesellschaftlichem Gruppen zu sprechen. Abschließend richtete sie in ihrer Grundsatzrede einen Appell an die Musliminnen und Muslime: "Gestalten, beleben und stärken Sie den Zusammenhalt in Deutschland und Europa aktiv mit!"
Heimat, Ausbildung, Zukunft
Anschließend an die Rede der Bundesinnenministerin wurden diese und weitere Themen und Aspekte in zwei Podiumsdiskussionen unter Einbindung des Publikums vertieft und diskutiert. "Zusammenhalt in Zeiten des Wandels und der Krise – welche Rolle spielt das muslimische Leben?" lautete der Titel der ersten Runde.
Es diskutierten unter Moderation von Dr. Hussein Hamdan (Leiter des Fachbereichs "Muslime in Deutschland – Gesellschaft gemeinsam gestalten" der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart):
Juliane Seifert (Staatssekretärin, Bundesinnenministerium), Saba-Nur Cheema (Mitglied im "Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit"), Eyüp Kalyon (Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime und Verantwortlicher für das Imam-Ausbildungsprogramm im Ditib-Bundesverband), Prof. Mouhanad Khorchide (Direktor des Zentrums für islamische Theologie der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster), Gonca Türkeli-Dehnert (Staatssekretärin im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen) und Odette Yilmaz (Erste Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes).
Quelle: Henning Schacht
Ihre Themen waren u.a. Erscheinungsformen von bzw. Erfahrungen mit Muslimfeindlichkeit und wie ihr begegnet und vorgebeugt werden kann. Dabei gab Saba-Nur Cheema Einblicke in die Arbeit des vom BMI eingesetzten Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit, der im Sommer 2023 einen umfassenden Bericht mit Handlungsempfehlungen vorlegen wird.
Ein weiterer Gegenstand der Runde war z.B. die "Beheimatung des Islam" in Deutschland: Gefragt und debattiert wurde, was "Heimat" in der Einwanderungsgesellschaft bedeutet, welche Rolle sie für Menschen mit Migrationshintergrund verschiedener Generation spielt und welche Bezüge dies zum in Deutschland gelebten Islam hat. Auch das Thema Imam-Ausbildung wurde diskutiert, wobei die Frage eine Rolle spielte, welche Bedeutung in Deutschland sozialisierte und ausgebildete Imame für die Moscheegemeinden schon haben bzw. in Zukunft haben können und sollten.
Sichtbar sein als "selbstverständlicher Teil der Nachbarschaft"
Die zweite Podiumsdiskussion stand unter der Überschrift "Muslimisches Engagement in Staat und Gesellschaft – Herausforderungen, Akteure, Impulse". Dazu diskutierten Jörn Thießen (Leiter der Abteilung Heimat im Bundesinnenministerium), Taner Beklen (Bundesvorsitzender des Muslimischen Jugendwerks), Ibrahim Emre (Vorstandsmitglied der Alevitischen Gemeinde Deutschland), Dr. Tagrid Yousef (Sozialdezernentin und 2. Beigeordnete der Stadt Dinslaken) sowie Dr. Özgür Özvatan (Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung der Humboldt-Universität Berlin).
Die Runde tauschte sich u.a. darüber aus, wie es gelingen kann, dass – so hatte es Ministerin Faeser zuvor in ihrer Eröffnungsrede als Ziel markiert – "Moscheegemeinden als selbstverständliche Teile der Nachbarschaften sichtbar und als gesellschaftliche Akteure anerkannt werden". Weitere Themen dieser Diskussionsrunde waren etwa die sich ändernden Rollen speziell muslimischer Frauen und ihrer Organisationen sowie Fragen der politischen Partizipation, der Jugendarbeit und der Seelsorge.