Ausbildung von religiösem Personal islamischer Gemeinden , Datum: 06.09.2019, Format: Meldung, Bereich: Im Dialog

Am 17. und 18. Juni 2019 fand im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz (DIK) in Hannover der erste Workshop zum Thema "Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden" (kurz: "Imamausbildung") statt.

Im Vorfeld hatte es bereits zahlreiche vorbereitende Treffen und Gespräche vor allem mit Vertreterinnen und Vertretern islamischer Gemeinden, der islamischen Theologie, aber auch der Länder gegeben. Ziel des Workshops in Hannover war es, einen Überblick über den Ist-Zustand der Ausbildung von religiösem Personal islamischer Gemeinden in Deutschland zu schaffen und sich über die Bedarfslage und Zukunftsperspektiven der Imamausbildung auszutauschen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler. Anschließend referierten ein Vertreter des für die Deutsche Islam Konferenz (DIK) zuständigen Referats im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) über den Stand der Behandlung des Themas in der DIK sowie eine Vertreterin des Forschungszentrums des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über die Ausbildung, Aufgaben und Arbeitsverhältnisse der in Deutschland tätigen Imame und alevitischen Dedes. Grundlage hierfür war die DIK-Studie Islamische Religionsbedienstete in Deutschland (IREB) (2011).

Diese Beiträge und die anschließende Diskussion machten deutlich, wie unterschiedlich die Situation in den Gemeinden ist. So besteht kein einheitliches Berufsbild oder Anforderungsprofil in Bezug auf die Tätigkeit zum Beispiel eines Imams. Zugleich wurde noch einmal bekräftigt, dass die Ausbildung und der Einsatz von religiösem Personal schon verfassungsrechtlich eine Angelegenheit der religiösen Gemeinschaften darstellt und unter die kollektive Religionsfreiheit sowie das Selbstbestimmungsrecht religiöser Gemeinschaften fällt.

Im zweiten Block des Workshops stellten teilnehmende Dach- und Spitzenverbände – so der "Verband der Islamischen Kulturzentren" (VIKZ), der "Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland" (IRD), die "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion" (DITIB), der "Zentralrat der Muslime in Deutschland" (ZMD), die "Ahmadiyya Muslim Jamaat" (AMJ) sowie ein Ansprechpartner für Schiiten in Deutschland (Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland, IGS) – ihre bestehenden und geplanten Angebote zur Ausbildung von islamischen Religionsbediensteten, allgemein zu islamischer Theologie sowie im Bereich Fortbildungen vor. Hierbei wurde deutlich, dass bereits je nach Bedarfslage und Möglichkeiten unterschiedliche Modelle der Imamausbildung in Deutschland existieren. So bilden z.B. der VIKZ, der IRD und die AMJ verbandsintern Personal selbst aus und unterhalten hierfür eigene Einrichtungen. Ihre Ausbildungsprogramme richten sich vor allem an Gemeindemitglieder und setzen den Abschluss der Vollzeitschulpflicht bzw. die Mittlere Reife voraus. Die Ausbildungszeit beträgt vier (VIKZ, IRD) bzw. sieben Jahre (AMJ).

DITIB stellte erstmalig im Rahmen der DIK die Pläne zur Gründung einer Akademie für die praktische Ausbildung von Imamen und von weiterem Personal mit religiösen Funktionen vor, darunter auch Predigerinnen und Gemeindepädagoginnen. Die Ausbildung, die sich an Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen islamischer Theologie wendet, soll ca. zwei Jahre dauern. Insbesondere dieser Block des Workshops zeigte auf, dass es entgegen dem Eindruck, den man in öffentlichen Diskussionen leicht gewinnen kann, bereits zahlreiche Initiativen und Ansätze einer Imamausbildung in Deutschland gibt. Sie setzen größtenteils bereits vor einem möglichen Studium an. Ein Hochschulabschluss in islamischer Theologie wird dabei von einem großen Teil islamischer Gemeinden als mögliche höhere Qualifikation angesehen, jedoch nicht als notwendige Voraussetzung für die Tätigkeit eines Imams.

Am zweiten Tag präsentierte Prof. Rauf Ceylan die im Auftrag der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) erstellte Expertise Imamausbildung in Deutschland. Perspektiven aus Gemeinden und Theologie erstmals der Fachöffentlichkeit. Die Studie beruht auf Gesprächen mit Vertretern und Vertreterinnen islamischer Gemeinden vor allem aus Niedersachsen. Nach der Vorstellung wurde die Studie lebhaft diskutiert. Insbesondere einige islamische Dachverbände kritisierten die aus ihrer Sicht zu pauschale Kritik gegenüber bereits tätigen Imamen. Anwesende Theologen der universitären Zentren für islamische Theologie konstatierten zugleich, dass die bestehenden Studiengänge Aspekte der praktischen Theologie, die für die Tätigkeit z.B. eines Imams eine wichtige Voraussetzung sind, bislang zu wenig berücksichtigten.

Die abschließende Diskussion des Workshops widmete sich der Frage, wie im Rahmen der DIK das Thema der Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden weiter behandelt werden soll. Unter den Teilnehmenden bestand Übereinstimmung, dass die DIK kein einheitliches, zentrales Ausbildungsmodell anstreben solle oder könne. Dies widerspräche nicht nur dem Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden, sondern entspräche auch nicht ihrer Diversität und ihren unterschiedlichen Bedürfnissen. Die Behandlung dieses Themas in der DIK soll daher zunächst dem Austausch zwischen den betroffenen Akteuren, aber auch der Versachlichung der öffentlichen Debatte zu diesem Thema dienen. Zudem könne die DIK einen Beitrag leisten, die nebeneinander bestehenden Modelle und die in diesem Bereich tätigen Akteure miteinander zu vernetzen. Unter der Voraussetzung, dass ein Bedarf an Kooperation geäußert wird, kann die DIK darüber hinaus einen Rahmen darstellen, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen staatlichen und religiösen Einrichtungen zu erörtern. Die Teilnehmenden kamen überein, zunächst in eigener Verantwortung selbstständig aktiv zu werden und sich in gleicher Zusammensetzung in absehbarer Zeit noch einmal zu treffen. In diesem zweiten Workshop sollen dann die bis dahin stattgefundenen Entwicklungen zusammengeführt und erörtert werden.