Sportlich aktiv im Ramadan, auch in Zeiten von Corona , Datum: 24.04.2020, Format: Interview, Bereich: Im Dialog

Zain-Alabidin Al-Khatir kam vor fünf Jahren als Geflüchteter aus dem Sudan nach Deutschland. Der 27-Jährige lebt in Hildesheim und macht eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker. Er ist leidenschaftlicher Fußballspieler beim TSV Gronau (Leine) – und trainiert selbst Kinder ehrenamtlich beim MTV von 1848 Hildesheim. Auch während des Fastenmonats Ramadan, der in diesem Jahr am 24. April begonnen hat, ist es dem gläubigen Muslim wichtig, sich sportlich zu betätigen. Im Interview erklärt er warum. Zudem berichtet er, wie anders der Ramadan in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie für ihn wird – und warum Sport für die Integration sehr wichtig ist.

Sie sind Fußballspieler, ehrenamtlicher Trainer und gläubiger Muslim. Nun beginnt der Ramadan, eine Zeit des Fastens, bei der Sie tagsüber weder essen noch trinken. Wie lassen sich Ramadan und aktiver Sport miteinander verbinden?

Ich bin der Überzeugung, dass das Fasten im Ramadan kein Grund ist, seinen Alltag nicht weiter zu leben. Daher mache ich auch während dieser Zeit wie gewohnt Sport. In der Regel trainiere ich selbst dreimal die Woche als Fußballspieler – und einmal die Woche bin ich als Trainer mit den Kindern auf dem Platz. In Zeiten von Corona halte ich mich anderweitig fit – etwa durch Joggen. Allerdings bin ich erwachsen und kenne meinen Körper. In der ersten Woche des Ramadans ist es schwer, sich umzugewöhnen und besonders in der letzten Woche ist mein Körper geschwächt. Aber dennoch kann man etwas machen. Das ist eine Kopfsache, eine Sache der inneren Einstellung.

Das wichtigste Prinzip ist aber: Die Gesundheit geht vor. So steht es auch im Koran. Wenn es gesundheitlich nicht möglich ist, zu fasten, dann soll man dies auch nicht tun. Auch die Kinder, die ich trainiere – sie sind sechs bis zwölf Jahre alt – sollten nach dem Koran nicht fasten. Beim Training ermahne ich sie zu trinken.

Anlässlich des aktuellen Corona Virus: Wie wirken sich die Einschränkungen durch Covid-19 auf den diesjährigen Ramadan aus? Wie begehen Sie den Ramadan üblicherweise, wie nun?

Durch Corona ändert sich vieles. Normalerweise treffe ich mich während des Ramadans jeden Abend mit Freunden zum Fastenbrechen, da meine Familie im Sudan lebt. Und ich gehe in die Moschee zum gemeinsamen Gebet. Nun bete ich alleine zu Hause. Und der direkte soziale Kontakt entfällt. Das ist schwierig, aber okay, da eben auch hier die Gesundheit wichtig ist. Und ich kann Freunde, Bekannte und Familie über Videoanruf hinzuschalten. Ich weiß auch noch nicht, wie ich das Zuckerfest feiern werde. Es ist traditionell ein Fest der Vergebung, ein Neuanfang. Und wenn man die Menschen, die man um Entschuldigung bitten will – oder die einen um Entschuldigung bitten wollen – nicht persönlich treffen kann, dann steht vielleicht etwas zwischen einem. Aber auch hierbei kann vielleicht ein Videoanruf oder ein Handyvideo hilfreich sein.

Sie sind 2015 aus dem Sudan zugewandert und bringen sich unter anderem sportlich in die Gesellschaft ein. Wie wichtig sind Sport und ehrenamtliches Engagement für die Integration? Und warum haben Sie sich persönlich dafür entschieden?

Ich finde, dass Sport sehr wichtig ist für die Integration. Als ich nach Deutschland kam, wurde ich sehr schnell gefragt, ob ich nicht mit im Verein Fußball spielen möchte. Ich spiele seit ich sechs oder sieben Jahre alt bin. Natürlich habe ich da sofort zugesagt. Nun bin ich zusätzlich Trainer einer Kindermannschaft.

Beim Sport ist es total egal, woher du kommst, welche Hautfarbe du hast, welche Kultur oder Nationalität. Alle spielen das Gleiche, wichtig ist nur, dass sich alle an die Spielregeln halten. Durch den Verein konnte ich meine Deutschkenntnisse verbessern und habe viele Menschen kennengelernt. Ich bin sehr dankbar. Und dadurch, dass ich nun selbst ehrenamtlich als Trainer arbeite, kann ich auch etwas zurückgeben.